Bild: Karsten Kluge und Hendrik Westendorff im Gespräch
Guido Werner/Netkom

Internet für Thüringen, aus Thüringen

Die Thüringer Netkom treibt den Breitbandausbau im Freistaat voran. Bis zum Sommer werden die Produkte des Kommunikationsdienstleisters in fast ganz Thüringen erhältlich sein. Wie das Internet zum Kunden kommt und warum man den Breitbandausbau bei der Netkom als Zukunftsaufgabe betrachtet, berichten die Netkom-Geschäftsführer Karsten Kluge und Hendrik Westendorff in einem offenen Interview.

Herr Westendorff, auf welchen Online-Dienst können Sie im Alltag nicht verzichten?

Westendorff: Das ist Apple-Music. Wir haben das Familienabo gebucht. In diesem Paket ist für jeden etwas dabei – meine Lieblingsmusik im Stream, Hörspiele für die Kinder und jede Menge interessante Podcasts

Und wann sind Sie, Herr Kluge, das erste Mal am Tag online? 

Kluge: Ich checke morgens um sechs Uhr bereits meine E-Mails und sonstige Nachrichten, um zu sehen, was an Neuigkeiten aufgelaufen ist.

In Thüringen wollen Sie dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen immer online sein können, wenn sie es wünschen. Wie erreichen Sie diese Ziele?

Westendorff: Wir haben momentan eine Reichweite von rund 200.000 Haushalten, die wir technisch mit unserem Netz bedienen können. Wir sind gerade dabei, uns auf das Telekom-Netz aufzuschalten, sodass wir dann unsere Produkte im zweiten Quartal in fast ganz Thüringen anbieten können.

Kluge: Der zweite ganz wichtige Baustein ist der Breitbandausbau. Das Thüringer Glasfasernetz der Netkom hat eine Länge von mehr als 6.000 Kilometern mit über 500 angeschlossenen Orten, und es wird weiter wachsen. Wir haben in den vergangenen Monaten sechs Ausschreibungen gewonnen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den kommenden Wochen weitere Zuschläge erhalten.

Warum ist der Breitbandausbau eine Zukunftsaufgabe?

Kluge: Das transportierte Datenvolumen pro Haushalt erhöht sich in Deutschland pro Jahr über 30 Prozent. Wir rollen deshalb 2020 eines der modernsten und leistungsfähigsten Übertragungsnetze aus. Die Übertragungskapazität auf einem Faserpaar erreicht damit im ersten Schritt bis zu 40 bzw. 80 Wellenlängen mit jeweils einer Übertragungskapazität von 200 GBit/s, das heißt 8 bzw. 16 TBit/s. In weiteren Ausbaustufen können wir 32 TBit/s je Faserpaar erreichen.

Aber brauchen wir das Breitband wirklich noch, wo doch gerade überall die Standards für ein flächendeckendes und leistungsfähiges 5G-Mobilfunknetz festgelegt werden?

Kluge: Das Mobilfunknetz kann das Festnetz als drahtloser Breitbandzugang ergänzen. Aber auch die 5G-Hochleistungsnetze benötigen quasi an jedem Mast eine Glasfaseranbindung. Ein Vergleich: Die Daten, die über das Mobilnetz aktuell und in den letzten Jahren übertragen wurden, entsprechen nur 1 Prozent der Daten des Festnetzes, inklusive WLAN.

Die Politik muss beim Breitbandausbau den Rahmen setzen. Sehen Sie hier die Voraussetzungen gegeben?

Kluge: Für die Politik ist der Breitbandausbau schon länger Thema. Bewegt hat sich in der Vergangenheit aber relativ wenig. Das zeigen die weißen Flecken, die es auch in Thüringen nach wie vor noch gibt. Wir bewerben uns seit fünf Jahren um Ausbauprojekte. Bis vor kurzem waren die Verfahren noch so komplex, dass die Ausschreibungen von den Kommunen und den Beteiligten eigentlich nicht zu stemmen waren. Die Politik hat das Thema nun endlich ernsthaft aufgegriffen, wichtige Förderpakete auf den Weg gebracht und auch die Ausschreibungsprozesse vereinfacht, sodass wir in Kooperation mit den Kommunen endlich mit großen Schritten vorankommen können.

Sie bringen in den nächsten Jahren mehrere hundert Kilometer Glasfaser in die Erde. Was sind die größten Herausforderungen beim Breitbandausbau?

Kluge: Wir verlegen unsere Kabel im Tiefbau – da warten auch einige unvorhergesehene geologische und topografische Herausforderungen unter der Oberfläche. Und wenn wir dann an der Grundstücksgrenze angekommen sind, können auch die letzten Meter mitunter steinig sein. Da warten oft mehrere Parteien auf uns – der eine will das Kabel hier, der andere dort – ohne, dass das Rosenbeet zerwühlt wird oder die Sauna verlegt werden muss.

Westendorff: Der gesamte Breitbandausbau wird von uns kommunikativ begleitet. So lange wir Straßen aufreißen, um Objekte anzuschließen, die bislang ohne Breitband waren, zeigen alle Verständnis. Hier und da klopfen wir aber auch an Türen, hinter denen die Menschen bereits via Kupferkabel im Internet surfen, wir aber Glasfaser anschließen wollen – sei es aus eigenwirtschaftlichen Gründen oder als Zukunftsinvestition, an denen sich die Eigentümer via Baukostenzuschuss beteiligen müssen. Hier leisten wir mitunter viel Überzeugungsarbeit. Die Kommunikation über die Projektdauer von 25 Monaten dann offen zu halten, ist eine Herausforderung.

Die Baubranche boomt. Finden Sie genügend Tiefbauer, um das Glasfaser auch in die Erde zu bringen?

Kluge: Keine Frage, Tiefbauer sind gefragt. Wir gehen aber davon aus, dass wir unsere Projekte auch umsetzen. Als Unternehmen des TEAG-Konzerns können wir viele Synergien nutzen. So arbeiten wir beim Leitungsausbau eng mit der TEN Thüringer Energienetze zusammen. Außerdem greifen wir auf Rahmenverträge zurück, die die TEAG mit Tiefbauern und anderen Dienstleistern abgeschlossen hat.

Die Ausschreibungserfolge bedeuten, dass auch auf Ihre Mitarbeiter mit Blick auf die Planung, Projektierung und Steuerung mehr Arbeit zukommt. Wie sind Sie hier aufgestellt? 

Westendorff: Die Projekte stehen und fallen mit einer funktionierenden Projektorganisation, die wir bereits aufgesetzt haben. Zur Unterstützung wird die Netkom Dienstleister wie Planungsbüros einbinden. Gespräche hierzu haben bereits stattgefunden. Fest steht: Das Netkom-Team wird wachsen. Wir setzen hier auf neue Mitarbeiter, werden uns aber auch nach außen orientieren und erfahrene Partner mit ins Boot holen.

In Schlöben haben Sie ein gepachtetes Glasfasernetz gekauft. Inwiefern spielen solche Zukäufe in Ihrer Strategie eine Rolle?

Kluge: In unserer Strategie setzen wir auf verschiedene Pfeiler. Wir bauen eigenwirtschaftlich neue Netze. Wir investieren mit Hilfe von Fördermitteln in weiße Flecken. Wir schauen in Thüringen aber auch auf Gebiete, in denen es bereits Glasfaser gibt und prüfen, wie man diese integrieren und weiter ausbauen könnte. Da ist Schlöben ein gelungenes Beispiel für den Kauf eines Netzes. Aber wir sind auch mit anderen Gemeinden und Netzbetreibern im Gespräch.

Inwiefern öffnen Sie auch die Türen für ihre Produkte, wenn Sie die Ausschreibung für den Breitbandausbau in den Kommunen gewinnen?

Westendorff: Bauen ist das eine, aber wir müssen natürlich auch Einnahmen durch diese Projekte erzielen. Da kommen unsere attraktiven Produkte ins Spiel, die wir natürlich an den Mann oder die Frau, in die Unternehmen, in Schulen und öffentliche Einrichtungen und Verwaltungen bringen. Die Kommunen stellen uns in der Ausschreibung immer zwei Fragen: Wie baut ihr? Und was bietet ihr für Produkte an?

Bild: Karsten Kluge, Geschäftsführer der Thüringer Netkom, verantwortet u.a. die Bereiche Planung, Netzbetrieb, Bau/Projekte und Organisation.
Guido Werner/Netkom

Karsten Kluge, Geschäftsführer der Thüringer Netkom, verantwortet u.a. die Bereiche Planung, Netzbetrieb, Bau/Projekte und Organisation.

Bild: Hendrik Westendorff, Geschäftsführer der Thüringer Netkom, verantwortet die Bereiche Vertrieb, Marketing und Kundenservice.
Guido Werner/Netkom

Hendrik Westendorff, Geschäftsführer der Thüringer Netkom, verantwortet die Bereiche Vertrieb, Marketing und Kundenservice.

Bild: Im Gespräch mit Karsten Kluge und Hendrik Westendorff, Geschäftsführer der Thüringer Netkom
Guido Werner/Netkom

Und welche Produkte hat die Netkom im Portfolio?

Westendorff: Der große Schwerpunkt bildet natürlich weiterhin der reine Internetanschluss über die DSL-Technologie oder eigene hoch performante Glasfaseranbindungen, die wir in verschiedenen Bandbreiten sowohl Endkunden, als auch Gewerbekunden unterschiedlichster Größe und auch Kommunen bereits anbieten.

In welchem Markt sind Sie hier unterwegs?

Westendorff: Internet und Telefonie ist unser Kernsegment, in dem wir die nächsten Jahre das meiste Wachstum erwarten. Da der klassische Offliner quasi nicht mehr existiert, befinden wir uns in einem Verdrängungsmarkt. Da müssen wir gut aufgestellt sein, um unsere Produkte an die Kunden zu bringen. Manche wollen in einen Shop gehen, andere wollen online ihr Produkt kaufen. Und jeder muss den Weg zu uns finden. Entlang dieser oft zitierten Customer Journey werden auch wir uns bewegen und auch unseren Internetauftritt entsprechend optimieren.

Wo findet man Sie am einfachsten?

Westendorff: Der kürzeste Weg führt über www.netkom.de zu uns. Unsere Website haben wir mit einem gut funktionierenden Webshop neu aufgebaut, in dem man unsere Produkte mit wenigen Klicks bestellen kann. Außerdem kann man uns über unsere Kunden-Hotline erreichen. Ein weiterer wichtiger Kanal ist unser mobiler Außendienst, der vor Ort bei Infoveranstaltungen, in Shops oder bei Kooperationspartnern, wie Stadtwerken und der Immobilienwirtschaft unterwegs ist.

Kaufe lieber regional – gilt dieser Leitspruch auch mit Blick auf Kommunikationsdienstleistungen?

Westendorff: Definitiv

Warum macht es für mich als Kunden Sinn, einen Partner aus der Region zu wählen, wenn ich im World Wide Web unterwegs sein will? Ist Internet nicht gleich Internet?

Westendorff: Bei Produkten wie Internet oder Strom lässt sich in der Tat wenig differenzieren. Dennoch können wir die regionale Karte als Anbieter aus Thüringen als Differenzierungsmerkmal sehr gut ausspielen. Wenn Preis und Service stimmen, dann ist auch Nähe wichtig. Das haben uns die Kunden in unserer letzten Marktforschung im Sommer 2019 bestätigt. „Internet für Thüringen, aus Thüringen“ – das klingt zwar nach „Werbesprech“, trifft aber eben auch zu: Wir wohnen hier, kennen die Menschen hier, zahlen unsere Steuern hier. Die Thüringer müssen sich also weder für einen Konzern aus dem Bundesgebiet oder vom anderen Ende der Welt entscheiden.

Neben der Nähe, halten Sie ein weiteres Argument bereit – und zwar einen Mehrwert in Form eines Bündelproduktes. Was ist hier geplant?

Westendorff: DSL ist neben Strom, Wärme und Wasser mittlerweile ein elementares Produkt unseres Lebens geworden – ohne geht es eigentlich nicht mehr. Als hundertprozentige Tochter der TEAG haben wir einen starken Kooperationspartner für das Produkt Strom an unserer Seite. Da liegt es nahe, dass wir gemeinsam mit den Kollegen der TEAG an einem Bündelangebot arbeiten. Wir werden mit einer reinen Marketingkooperation starten. Das heißt, TEAG-Kunden erhalten beim Abschluss eines Vertrages über Netkom-Dienstleistungen einen Rabatt oder eine Prämie und gleiches greift für Netkom-Kunden, die ihren Strom bei der TEAG einkaufen. In der nächsten Stufe planen wir dann echte Bündelprodukte, die Tarif und Abrechnung in einem Angebot für Strom und Internet zusammenführt. Das wird noch ein bisschen dauern, aber wir wollen damit in Q2 starten.

Dabei beschränken Sie sich nicht nur auf die Kooperation mit der TEAG?

Kluge: Wir kooperieren auch mit anderen Stadtwerken in Thüringen. Wir haben mit fünf kommunalen Versorgern in Thüringen gemeinsam Glasfaser in die Erde gebracht. Hier haben wir die Vor-Ort-Expertise der Stadtwerke Weimar, Mühlhausen, Eisenberg, Rudolstadt und Bad Langensalza genutzt. Die Kooperationen sehen wir als wichtige Option für die Zukunft.

Gibt es weitere Neuigkeiten aus der Produktentwicklung der Netkom?

Westendorff: Wir arbeiten beim Fernsehen an einem neuen Angebot. Aktuell bieten wir ein gutes IPTV-Paket, also Fernsehen über den Internetanschluss. Wir arbeiten an einer so genannten DVB-C-Lösung für digitales Kabelfernsehen, die besonders für Mehrfamilienhäuser und damit für Wohnungsunternehmen interessant sind. Damit werden wir dann gezielt auf die Wohnungswirtschaft zugehen.

Welche Rolle spielt die Netkom bei digitalen Zukunftsthemen wie Smart Grid, Smart Meter und Smart City?

Kluge: Wir arbeiten hier an gemeinschaftlichen Pilotprojekten mit unseren Schwesterunternehmen TEN und der TMZ.  Wir suchen gemeinsam nach Lösungen für eine Datenübertragung, bei denen wir Sicherheit garantieren können und untersuchen beispielsweise, wie CDMA-Netze, die auf einem Mobilfunkstandard basieren mit unserer Kommunikationsinfrastruktur korrespondieren können. Am neuen TEAG-Campus testen wir gemeinsam auch zum Thema LoRaWAN, das die Basis für eine Smart City darstellen könnte.

Das neue Rechenzentrum in Langewiesen ist ein weiteres Zukunftsprojekt. Was entsteht dort?

Kluge: Das wird ein hochmoderner Komplex, in dem unter höchsten Sicherheitsstandards Servertechnik und Datenspeicher installiert und betrieben werden können. Zu einem Drittel bietet das Rechenzentrum Platz für die TEAG. Ein weiteres Drittel hat bereits ein großer öffentlicher Kunde reserviert und das letzte freie Drittel wollen wir vermarkten.

Westendorff: Die Netkom bietet Geschäftskunden und kommunalen Kunden unter anderem Vernetzungsdienstleistungen und hochbitratige Internetzugänge an. Hier können Produkte im Umfeld des neuen Rechenzentrums eine gute Ergänzung des Produktportfolios darstellen. Ein erster Schritt ist dabei das einfache Housing, also das sichere Aufbewahren der Daten, bei dem Kunden – vereinfacht gesagt – eigene Server mit sehr hoher Schutzklasse bei uns unterstellen. Der zweite logische Schritt, den wir dann perspektivisch gehen wollen, ist das Hosting. Das heißt, dass wir unseren Kunden Cloud-Lösungen anbieten, in denen sie ihre Daten nur noch ablegen. Das ist für viele Unternehmen, aber auch Behörden ein sehr wichtiger Punkt, denn ihre Daten verlassen Thüringen dann, ebenfalls vereinfacht gesprochen, nicht mehr.

Eine absolut analoge Frage zum Abschluss. Sind Sie hier und da auch freiwillig offline?

Kluge: Echtes Offline gibt es für mich nicht. Auch wenn ich nicht aller fünf Minuten aufs Smartphone schaue, bin ich eigentlich immer erreichbar und die Welt ist auch für mich erreichbar.

Westendorff: Inzwischen habe ich mir ganz bewusst Offline-Zeiten eingerichtet suche mir Zeiten, wo ich Offline bin. So starte ich Offline in den Tag. Ich stehe früh auf. Nehme dann aber gerne erst einmal ein Buch zur Hand, um in den Tag zu starten.